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Vögel

Vögel (Aves), Klasse der Wirbeltiere, wird zu den Reptilien in verwandtschaftliche Beziehung gebracht und als letzter Ausläufer der Sauropsiden (s. Wirbeltiere) betrachtet. Charakteristisch für die Vögel ist das Flugvermögen, das fast allen zukommt und in Verbindung mit der Befiederung des Körpers einen großen Einfluss auf die ganze Organisation der Vögel hat.

Körperbau

Gefieder eines Vogels
Fig. 1, Gefieder eines Vogels. a Stirn – b Scheitel – c Hinterhaupt – d Zügel – e Wange – f Brust – g Bauch – h Steiß – i Bürzel – k Steuerfeder – l Rücken – m Handschwingen – n Armschwingen – o Deckfedern – p Eckflügel – q Schulterfittich.

Die allgemeine Form des Körpers entspricht den beiden Hauptarten der Bewegung: dem Flug und dem Gehen oder Hüpfen auf dem Erdboden. Der Rumpf stützt sich schräg auf die beiden Hinterbeine, setzt sich nach hinten und unten in einen kurzen Schwanz fort und verlängert sich nach oben und vorn in einen langen, sehr beweglichen Hals, auf dem ein leichter, rundlicher Kopf balanciert. Die Vordergliedmaßen liegen, zu Flügeln umgebildet, zusammengefaltet an den Seiten des Rumpfes (s. Fig. 1). Die Haut der Vögel wird nie sehr dick und fest; ihre Anhänge, die Federn, sind den Haaren der Säugetiere vergleichbar. Entweder bedecken sie als kürzere, lockere Federn ohne oder mit nur sehr kurzer, weicher Spule (Dunen) die Haut unmittelbar oder sie ragen als steife, längere Konturfedern darüber hinaus. Die Anordnung der Federn bezeichnet man als Pterylose. Die Konturfedern stehen meist in regelmäßigen Gruppen (Fluren), zwischen denen federlose oder nur mit Dunen bedeckte Züge (Raine) liegen. Selten ist die Befiederung ununterbrochen. Der Flügel ist ein Doppelfächer, der sich im Ellbogen- und im Handgelenk einfalten lässt und seine große Fläche durch zwei Hautsäume und die Schwungfedern (Schwingen) erhält. Diese sitzen am Unterrand von Hand (Handschwingen oder Schwingen erster Ordnung, gewöhnlich zehn) und Vorderarm (Armschwingen oder Schwingen zweiter Ordnung, in wechselnder Zahl) und werden an ihren Wurzeln noch von den mehrfachen Reihen der kleineren Deckfedern überdeckt, so dass der Flügel ganz dicht ist. Die Schwungfedern fehlen den Vögeln, die ihre Vorderbeine als Ruder beim Schwimmen (Pinguine) oder zur Unterstützung des Laufes (Strauße) benutzen. Den zusammengefalteten Flügel bedeckt von oben der sogen. Schulterfittich; der Büschel kleiner Federn am Daumen heißt der Eckflügel. Die großen Federn des Schwanzes (Steuerfedern, gewöhnlich zwölf) können sowohl einzeln als auch zusammen bewegt werden; bei den schlechten Fliegern sind auch sie rückgebildet.

Jährlich erneuern sich die Federn durch die plötzlich oder ganz allmählich stattfindende Mauser. Das hierbei entstandene Winterkleid färbt sich meist im nächsten Frühjahr mit eintretender Brunft noch vollkommener aus und bildet dann das Hochzeits- oder Sommerkleid. Die Verfärbung erfolgt nicht mit der Mauserung, also durch den Federwechsel, sondern kann unter Umständen direkt durch eine allmähliche Farbenänderung der Federn eintreten. Die meisten Vögel erhalten bereits im ersten Jahre ihre definitive Färbung, einige erst im zweiten Jahre. Das Jugendkleid ähnelt im allgemeinen dem der Weibchen. An gewissen Stellen bleibt die Haut nackt, besonders am Schnabel und an den Zehen, meist auch am Lauf, zuweilen am Hals (Geier) und selbst am Bauch (Strauß). Die nackte Haut am Anfang des Schnabels ist weich (Wachshaut), während sie an den Schnabelrändern gewöhnlich verhornt. Nur wenige Vögel (Enten, Schnepfen) haben weiche Schnabelränder, die dann bei ihrem Reichtum an Nerven ein sehr feines Tastwerkzeug darstellen. Fußwurzeln und Zehen, zuweilen auch die Läufe, sind mit hornigen Schuppen oder Platten bedeckt, die mitunter zu langen Schienen verwachsen sind (gestiefelter Fuß). An den Zehen sitzen platte oder gekrümmte Nägel, Talg- und Schweißdrüsen fehlen den Vögeln; dagegen haben fast alle über den letzten Schwanzwirbeln die Bürzel- oder Öldrüse, deren öliges Sekret besonders den Schwimmvögeln zum Wasserdichtmachen der Federn dient.

Das Skelett ist im wesentlichen auf den Flug eingerichtet. Während nämlich die Knochensubstanz selbst ungemein dicht und fest ist, verschwindet das in der Jugend vorhandene bluthaltige Mark allmählich; die so entstandenen Hohlräume füllen sich mit Luft und kommunizieren durch die Luftsäcke (s. unten) mit der Lunge. Bei großen Vögeln mit raschem, ausdauerndem Flug sind sämtliche Knochen mit Ausnahme der Jochbeine und des Schulterblattes hohl (pneumatisch), bei den großen Laufvögeln dagegen nur einzelne Schädelknochen. Ziemlich allgemein aber sind außer dem Jochbein und Schulterblatt auch der Unterschenkel und Vorderarm markhaltig, ohne Lufträume. Am Kopf verwachsen die Schädelknochen (an Zahl erheblich weniger als bei den Reptilien) sehr frühzeitig zur Bildung einer leichten und festen Schädelkapsel, die wie bei den Reptilien mit einem einfachen (nicht wie bei Säugetieren und Amphibien doppelten) Gelenkhöcker auf dem ersten Halswirbel ruht und sich nach allen Richtungen drehen kann. Die Knochen des Gesichts vereinigen sich zur Herstellung des weit vorragenden Schnabels (s. unten).

An der Wirbelsäule unterscheidet man den sehr langen, beweglichen Halsteil, die feste Rücken- und Beckenregion und den kurzen, nur wenig beweglichen Schwanz. Hals und Rücken sind aber nicht scharf abgegrenzt, da sowohl die Halswirbel Rippenrudimente tragen als auch die Rippen der ersten Brustwirbel nicht bis an das Brustbein reichen. Der Hals hat 9–24 Wirbel. Kürzere Rückenwirbel sind 6–10 vorhanden, von denen die vorderen 4 oder 5 oft miteinander verwachsen; sie tragen sämtlich Rippen, die durch Vermittlung je eines besonderen Knochens am Brustbein sitzen und eine große Erweiterung des Brustkorbes gestatten. Das Brustbein bedeckt auch einen großen Teil des Bauches und hat bei Vögeln mit starkem Flugvermögen einen kielförmigen Kamm (Crista sterni) zum Ansatz der Flugmuskeln. In der Lenden- und Kreuzbeingegend sind die zahlreichen (bis zu 23) Wirbel untereinander und mit den langen Hüftbeinen des Beckens zu einem Kreuzbein verschmolzen, zu dessen Bildung auch die letzten Rücken- und die ersten Schwanzwirbel mithelfen. Noch weiter nach hinten liegen 7 oder 8 bewegliche Schwanzwirbel, von denen der letzte, aus einer Verschmelzung von 4–6 Wirbeln entstandene Knochen, eine seitlich zusammengedrückte Platte (Pygostyl) darstellt, an die sich die Muskeln zur Bewegung der Steuerfedern des Schwanzes anheften. Die Verbindung der Vorderbeine mit dem Rumpf ist außerordentlich fest, das Schulterblatt liegt als langer, säbelförmiger Knochen hinten auf dem Brustkorb und verbindet sich vorn mit dem Rabenbein zur Bildung des Schultergelenks.

Die Rabenbeine und Schlüsselbeine heften sich an das Brustbein an, und zwar die ersteren jedes für sich, die letzteren unter Verwachsung zu einer Gabel (Furkula). Das Vorderbein selbst besteht aus Oberarm, Elle und Speiche sowie zwei Handwurzelknöchelchen, woran das lange Mittelhandstück mit Daumen, Mittelfinger und kleinem Finger sitzt. Der Oberarm ist in der Ruhe nach hinten, der Unterarm nach vorn, die Hand wieder nach hinten gerichtet. Die Hinterbeine sind am langen, vorn offenen Becken angebracht, das durch die feste Verschmelzung sämtlicher Knochenstücke ausgezeichnet ist. Der kurze, kräftige Oberschenkelknochen ist schräg nach vorn gerichtet und meist ganz zwischen Fleisch und Federn am Bauch verborgen, so dass das Kniegelenk äußerlich nicht sichtbar wird. Durch diese Lage des Oberschenkels rückt der Unterschenkel weit nach vorn, so dass der Schwerpunkt des Vogels senkrecht über die große, von den Zehen umspannte Fußfläche gelangt. Wenn die Hinterbeine dagegen hauptsächlich als Ruder dienen, liegt er weit nach hinten, und der Rumpf muss dann beim Gehen in fast senkrechter Stellung getragen werden. Von den Knochen des langen Unterschenkels ist vom Wadenbein nur ein Rest in Gestalt eines Knochenstabes außen am Schienbein vorhanden. Mit dem Schienbein verwächst unten ein Fußknochen; der Lauf (Tarsus) ist aus der Verwachsung der noch übrigbleibenden Tarsal- und Metatarsalknochen hervorgegangen und verschieden lang. Die 2–4 Zehen haben 2–5 Glieder.

Fußformen der Vögel

Der eigentümliche Verlauf der Sehnen am Unterschenkel zieht bei der Beugung des Kniegelenkes zugleich die Zehen zusammen, so dass sich der Vogel während des Schlafes hauptsächlich durch seine Schwere auf dem Zweig, auf dem er sitzt, angeklammert erhält. Übrigens sind die Beine, namentlich die Füße, sehr vielgestaltig (Fig. 2). Man unterscheidet in erster Linie die befiederten Gang- und die teilweise oder völlig nackten Watbeine. Erstere sind entweder Klammerfüße (die vier Zehen nach vorn gerichtet), oder Kletterfüße (zwei Zehen nach vorn, zwei nach hinten), oder Wandel-, Schreit-, Sitz- und Spaltfüße (bei allen nur eine Zehe nach hinten, die übrigen mehr oder weniger durch Haut verbunden). Die Watbeine mit sehr langem Lauf heißen Stelzfüße (je nach der Verbindung der Vorderzehen durch Haut: geheftete und halbgeheftete); letztere ohne Hinterzehe sind Lauffüße. Sind die Zehen der Watbeine mehr oder minder vollständig durch Haut verbunden, so hat man halbe oder ganze Schwimmfüße, gespaltene Schwimmfüße, Lappenfüße oder Ruderfüße.

Von den inneren Organen übertrifft das Gehirn in Masse und Bau das Reptiliengehirn und erfüllt vollständig die Schädelhöhle, jedoch hat das Gehirn noch keine Windungen an der Oberfläche. Die Augen sind gut ausgebildet. Ihre geringe Beweglichkeit wird durch die große des Halses und Kopfes ersetzt; stets haben sie eine Nickhaut. Neben der Schärfe des Sehvermögens ist besonders die Akkommodationsfähigkeit entwickelt. Gute Flieger sollen eine besonders hohe Entwicklung der halbkreisförmigen Organe im Ohr zeigen, und es dürfte eine direkte Beziehung in der Ausbildung dieser Teile des Ohrs zu dem Koordinationsvermögen und also zur Geschicklichkeit des Flugs bestehen. Um das Ohr steht häufig ein Kranz größerer Federn; die Eulen haben eine Ohrmuschel in Gestalt einer ebenfalls mit Federn besetzten Hautklappe. Die beiden Öffnungen der Nase liegen der Wurzel des Oberschnabels mehr oder minder nahe, sind zuweilen von steifen Haaren verdeckt und geschützt, bei den Sturmvögeln zu Röhren verlängert. Übrigens ist der Geruch sehr viel weniger ausgebildet als Gehör und Gesicht, und auch der Geschmack steht auf niederer Stufe, weil die Zunge fast bei allen Vögeln nur an ihrer Basis weich bleibt. Das Gefühl vermitteln wohl nur Schnabel und Zunge; ersterer ist bei Wasservögeln mit einer sehr nervenreichen Haut überzogen.

Kopf- und Schnabelformen der Vögel

Die Verdauungswerkzeuge sind im allgemeinen einfach und ziemlich übereinstimmend gebaut. Die Kiefer sind mit einer festen Hornscheide überdeckt und zum Schnabel ausgezogen (Fig. 3). Der Oberschnabel wird durch Verwachsung von Zwischenkiefer, Oberkiefer und Nasenbeinen gebildet. Beim Öffnen des Schnabels bewegt sich infolge seiner eigentümlichen Einlenkung am Schädel nicht nur der Unterschnabel nach unten, sondern auch die Spitze des Oberschnabels ein wenig aufwärts. Die Form des Schnabels ist sehr verschieden und steht immer in enger Beziehung zur Art der Nahrung des Vogels. Auch die Zunge ist sehr vielgestaltig. Bei Raubvögeln und Papageien ist sie breiter und weicher, bei insekten- und körnerfressenden Vögeln härter und schmäler. Zuweilen ist sie an der Spitze pinselförmig, oder die Seitenränder sind mit Borsten oder die ganze Oberfläche ist mit rückwärts gerichteten Papillen besetzt. Beim Specht trägt die Spitze hornige Hakenzähne und kann bei ihm sowie bei den Kolibris aus dem Munde herausgeschnellt werden, um die Nahrung zu ergreifen. In einzelnen Fällen ist sie verkümmert. Die Mundhöhle, die bei einigen Vögeln einer riesigen Ausdehnung fähig ist, auch wohl mit einem am Hals hinabreichenden Blindsack, einer Art oberem Kropf, in Verbindung steht, nimmt das Sekret zahlreicher Speicheldrüsen auf.

Darmkanal eines Vogels

Die muskulöse Speiseröhre (Fig. 4) ist bei Raubvögeln und größeren Körnerfressern zu einem Kropf erweitert, in dem die Speisen erweicht und vorverdaut werden. Zwei kleine rundliche Nebensäcke am Kropf der Tauben sondern zur Brutzeit einen käsigen Stoff zum Atzen der Jungen ab. An dem Magen unterscheidet man den Drüsenmagen, der nur eine Fortsetzung der Speiseröhre ist, und den Kau- oder Muskelmagen, der namentlich bei Körnerfressern die Nahrung zerkleinert. Dies tut er mit zwei festen Reibeplatten, die durch starke Muskeln bewegt werden; manche Vögel verschlucken auch kleine Steinchen, und diese wirken dann gewissermaßen wie Mühlsteine. Der Dünndarm ist meist nur 3–4mal so lang wie der Körper; seine Länge richtet sich nach der Nahrung; am Dickdarm sitzen gewöhnlich zwei längere oder kürzere Blindschläuche; der Enddarm mündet nicht direkt nach außen, sondern in die auch den Harn und die Geschlechtsstoffe aufnehmende Kloake. Die Leber ist zweilappig; die Gallenblase (s. d.) fehlt nur selten. Die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) ist groß und mündet mit zwei oder drei Gängen in den Zwölffingerdarm. Die Milz sowie die am Halse gelegenen Thymus und Thyroidea fehlen nie.

Das Herz besteht aus den zwei Kammern und zwei Vorkammern und liegt in der Mittellinie der Brust, von einem derbhäutigen Herzbeutel umschlossen. Der Herzschlag ist wegen der lebhaften Atmung schneller als bei den Säugetieren. Die Bluttemperatur beträgt bei vielen Vögeln 43°, ja sie steigt bei manchen kleinen Sperlingsvögeln auf 44°; andere, tieferstehende Vögel haben eine Körpertemperatur von 41°, 39°, Apteryx nur 38°. Da das Zwerchfell wenig entwickelt ist, so geht die Brusthöhle direkt in die Bauchhöhle über. Die Luftröhre ist lang und nicht selten, besonders bei den Männchen, gewunden oder gebogen, auch nicht bei allen Vögeln überall gleichweit. Der ihren Anfang bildende obere Kehlkopf ist für die Stimme unwesentlich, dagegen haben fast alle Vögel (ausgenommen Störche, Strauße und einige Geier) da, wo sich die Luftröhre gabelt, einen unteren Kehlkopf, der besonders bei den Singvögeln sehr ausgebildet ist und zur Hervorbringung der Töne (des Gesanges) dient. Diese Teile sind oft recht kompliziert gebaut, obwohl allerdings die Komplikation im Bau nicht immer mit der größeren Modulation der Stimme, d. h. des Gesangs, Hand in Hand zu gehen braucht (vgl. Kehlkopf).

Die Lungen hängen nicht, wie bei den Säugetieren, frei in der Brusthöhle, sondern sind an deren Rückwand angeheftet und in die Zwischenräume der Rippen eingesenkt; auch sind sie nicht in Lappen geteilt. Von den in sie eintretenden beiden Ästen der Luftröhre münden mehrere Zweige in die mit den Lungen verbundenen Luftsäcke, die wiederum mit den Lufträumen der Knochen kommunizieren. Die Luftsäcke selbst dienen weniger zur Erleichterung des Vogels als zur Ventilation der Lungen, die direkt unter der Haut gelegenen als schlechte Wärmeleiter wohl auch als Wärmeschutzorgane, wie außen am Körper die Federn zur Erhaltung der Körpertemperatur. Bei der Atmung besorgt nicht wie bei den Säugetieren hauptsächlich das Zwerchfell die Verengung und Erweiterung der Brusthöhle, sondern die Rippen.

Die großen, langgestreckten Nieren liegen in Vertiefungen des Kreuzbeins und zerfallen in Läppchen, von denen die Harnkanälchen entspringen. Kein Vogel hat eine Harnblase; die Harnleiter münden in die Kloake (Fig. 4). Der Harn ist eine weiße, breiige, rasch erhärtende Masse. In die Hinterwand der Kloake mündet eine Drüse, die Bursa Fabricii, über deren Bedeutung man noch nicht im reinen ist; sie scheint nur während der Jugend zu fungieren. Die Geschlechtsteile schließen sich eng an die der Reptilien an. Die beiden zur Brunftzeit mächtig anschwellenden Hoden liegen vor den Nieren. Die wenig entwickelten Nebenhoden führen in zwei gewundene Samenleiter, die neben den Harnleitern verlaufen, hinten häufig zu Samenblasen anschwellen und in der Kloake auf zwei kegelförmigen Papillen ausmünden. Eine Rute fehlt in der Regel; nur bei einigen größeren Raub- und Sumpfvögeln, bei Enten, Gänsen, Schwänen etc., namentlich aber bei den Straußen, ist sie einigermaßen ausgebildet. Der rechte Eierstock und Eileiter verkümmern oft vollständig, dagegen sind der traubenförmige Eierstock und der vielgewundene Eileiter der linken Seite um so umfangreicher. Jeder Eidotter wandert unter beständigen Drehungen durch den Eileiter und wird hier zunächst von Eiweiß umgeben, das von Drüsen in der Wand des Eileiters geliefert wird; weiter hinten bildet sich in ähnlicher Weise die Schalenhaut und die oft mannigfach gefärbte Kalkschale (s. Eierkunde, mit zwei Tafeln). Der Eileiter mündet mit kurzem, zuweilen gewundenem Ausführungsgang (Scheide) in die Kloake (Fig. 4).

Alle Vögel legen Eier, die bereits im Eileiter vor der Umhüllung mit Eiweiß durch den Samen befruchtet werden. Die Brunft und Paarung tritt gewöhnlich im Frühjahr ein. In den kalten und gemäßigten Zonen brüten die Vögel meist nur einmal im Jahr; bei vielen, namentlich den kleineren Singvögeln, folgt im Sommer noch eine Brut, und in den heißen Klimaten wiederholen sich die Bruten in größerer Zahl. Abweichungen hiervon bewirkt die Zucht (Hühner). Zahl und Größe der Eier jeder Brut richten sich nicht ausschließlich nach der Größe des Vogels (gewöhnlich legen die kleineren Vögel die meisten, aber z. B. die Kolibris nur 2 oder 3, der Strauß dagegen 15–20), sondern auch nach dem Zustand, in dem die Jungen ausschlüpfen, denn hiernach schwankt die Menge des zur Nahrung des Embryos nötigen Eiweißes. Meist brüten die Vögel selbst die Eier aus, doch schaffen sie ihnen zuweilen auch die erforderliche Wärme durch Verscharren in Moderhaufen. Die Eier der kleinsten Vögel werden etwa 11 Tage bebrütet, die des Haushuhns meist 21 Tage (s. Huhn) und die des Straußes 7 Wochen. Der Embryo liegt, gleich denen der Reptilien und der Säugetiere, in zwei Häuten (Allantois und Amnion); völlig entwickelt sprengt er bei vielen Vögeln die Schale am stumpfen Ende mit einem scharfen Fortsatz (Eizahn) an der Spitze des Oberschnabels. Die Jungen mancher Vögel kommen schon so fertig aus dem Ei, dass sie als Nestflüchter oder Pippel (Autophagae) alsbald der Mutter folgen und selbständig Nahrung aufnehmen; andere hingegen, besonders die, welche vorzugsweise auf Bewegung und Aufenthalt in der Luft angewiesen sind, kriechen nackt oder nur stellenweise mit Flaum bedeckt aus und werden als Nesthocker oder Atzvögel (Insessores) von den Alten gefüttert, bis sie fliegen können.

Lebensweise

Die Lebensweise der Vögel richtet sich im allgemeinen nach der Entwicklung der Flugkraft, die ja bei manchen (Falken, Segler) erstaunlich groß ist und die Geschwindigkeit der Schnellzüge weit übertrifft. Solche Flieger sind dann oft ausschließlich Lufttiere und suchen nur zum Schlaf und zum Brüten festen Boden. Andere Vögel ragen durch die Ausdauer ihres Fluges hervor: so trifft man den Fregattenvogel viele Meilen vom Festland in den Wolken schwebend, und manche Zugvögel sollen in 3–5 Tagen ununterbrochenen Fluges aus Deutschland nach dem Innern Afrikas gelangen. Die auf dem Lande sich bewegenden Vögel hüpfen, klettern, schreiten oder laufen zum Teil ebenfalls sehr schnell (Strauß). Die Wasservögel schwimmen und tauchen vortrefflich, und manche können wohl 6 Minuten unter Wasser bleiben; viele von ihnen sind sehr gute Flieger, bewegen sich aber auf festem Boden unbehilflich.

Die psychische Begabung der Vögel steht ungleich höher als die der Reptilien und vieler Säugetiere. Die hohe Ausbildung der Sinne befähigt sie zu scharfen Unterscheidungen; auch haben viele ein gutes Gedächtnis; beides verstehen sie bei ihren oft weiten Flügen auszunutzen. Einzelne Arten sind äußerst gelehrig, besonders im Nachahmen (Papageien, Raben). Nicht minder entwickelt ist das Gemüt, wie aus dem allgemeinen Betragen und dem Gesang, besonders aber aus dem Verhalten der beiden Geschlechter zur Brunftzeit hervorgeht. Das Männchen unterscheidet sich dann am auffallendsten vom Weibchen (z. B. durch einen Halskragen, lange Seitenfedern etc., s. Tafel »Hochzeitskleider I«). Seine Stimme tönt dann auch reiner und klangvoller, und namentlich die kleinen Vögel mit unscheinbarem Federkleid zeichnen sich durch ihren Gesang aus. Wirkt nun dieser neben der Schönheit des Gefieders bereits als Reizmittel auf das Weibchen, so gilt dies noch mehr von den Liebestänzen (Balze), die ein Vorspiel der Begattung zu sein pflegen. Mit Ausnahme der Hühner, Fasanen u. a. leben die Vögel in Monogamie; zuweilen sollen die Geschlechter zeitlebens verbunden bleiben, während in der Regel die Ehe nach der Brunftzeit sich löst.

Die meisten Vögel bauen ein Nest, nur wenige legen ihre Eier einfach auf die Erde; andere machen wenigstens eine Vertiefung in Sand, Moos oder Gras, die auch mit Laub, Moos etc. ausgelegt wird. Besonders die kleineren Vögel errichten dagegen kunstvollere Bauten, manche brüten in natürlichen oder künstlichen Höhlungen, graben sich auch Nistlöcher in die Erde etc. Gewisse Vögel leimen fremde Stoffe mit ihrem Speichel zusammen; die Salangane verwendet zu ihrem Nest das klebrige Sekret der Speicheldrüsen. Wahre Kunstwerke erzeugen die Webervögel, indem sie feine Fasern verflechten (Weiteres s. Artikel »Nest«, nebst Tafeln). Meist nisten die Vögel einsam, selten in Masse zusammen auf dem Boden oder auf Bäumen. Manche Vögel bauen kunstreiche Nester, die nicht zum Brüten benutzt werden, sondern, zierlich ausgeschmückt, zur Belustigung zu dienen scheinen (Laubenvögel). In der Regel baut nur das Weibchen, während das Männchen Material herbeischafft; ebenso brütet meist nur jenes und wird von diesem mit Nahrung versorgt. Bei anderen Vögeln lösen sich die Geschlechter regelmäßig ab, und beim Kiwi und Strauß brütet vorzugsweise das Männchen. Einige Kuckucksarten legen ihre Eier in fremde Nester und überlassen die Brutpflege deren Besitzern. Pflege und Ausfütterung der Jungen fällt vorwiegend dem Weibchen zu, während an der Verteidigung des Nestes und der Brut beide Eltern gleichen Anteil nehmen.

Im Spätsommer und Herbst beginnen die meisten Vögel ihre Wanderungen (s. d.). Nur wenige finden auch im Winter an demselben Orte auskömmliche Nahrung, halten also aus (Standvögel); manche streichen umher (Strichvögel) oder unternehmen je nach der Strenge des Winters weite, aber regellose Wanderungen; die meisten hingegen ziehen vor Eintritt der kalten, nahrungsarmen Jahreszeit als Zugvögel in wärmere Gegenden, die Bewohner Europas meist in die Küstenländer des Mittelmeeres bis ins Innere Afrikas. Die Zugvögel der westlichen Halbkugel wandern südostwärts. Vor dem Zug sammeln sich die meisten zu Scharen und ziehen dann gesellig davon, bisweilen, wie die Kraniche, zu einem Keil geordnet. Selten fliegen männliche und weibliche Scharen getrennt; manche Vögel wandern vereinzelt oder paarweise. Den Zugvögeln unserer Breiten rücken nördlichere Formen nach. Viele Vögel, besonders die guten Flieger, ziehen am Tag mit Unterbrechung der Mittagsstunden; andere, wie die Eulen und schwache Tagvögel, nachts; Schwimmvögel legen wohl einen Teil der Reise schwimmend, gute Läufer laufend zurück. Im Frühling kehren sie aus ihrer Winterherberge, in der sie niemals brüten, in die Heimat zurück, und zwar stellen sich die, welche im Herbst am längsten aushalten, zuerst wieder ein. (Mitunter eilen die Männchen den Weibchen um Tage voraus.) Sie finden ihre alten Wohnplätze und Brutorte wieder und nehmen nicht selten von ihrem vorjährigen Nest von neuem Besitz. Winterschlaf ist bei Vögeln niemals beobachtet worden.

Man kennt etwa 1600 Gattungen mit gegen 10.000 Arten, doch schwankt der Artbegriff so sehr, dass die angegebenen Zahlen keinen großen Wert besitzen. Für die geologische Geschichte der Vögel liegt nur spärliches Material (weniger als 500 Arten) vor, doch weist alles auf die Verwandtschaft mit ausgestorbenen Reptilien hin. Als die älteste Form ist bis jetzt der Archaeopteryx aus dem Jura bekannt, der einen langen Schwanz und einen mit Zähnen besetzten Schnabel hatte. Letzteres Merkmal gilt auch für die in Nordamerika (Kansas) gefundenen fossilen Vögel (die sogen. Odontornithen oder Zahnvögel), die aber nicht direkt miteinander verwandt zu sein scheinen; ihnen fehlt bereits der lange Schwanz; interessant sind Ichthyornis und Hesperornis, der wohl ein Schwimmvogel mit verkümmerten Flügeln gewesen ist (s. Tafel »Kreideformation II«, Fig. 11). Aus der Kreide stammen im übrigen Schwimm- und Sumpfvögel. In der Tertiärzeit sind die Reste häufiger; hier finden sich die zum Teil riesigen Stereornithiden Patagoniens, deren zuerst gefundenen zahnlosen Unterkiefer (von Phororbacus) man zuerst für denjenigen eines Riesenfaultiers hielt. Es scheint sich hier um Raubvögel von ganz riesigen Dimensionen gehandelt zu haben. Die jüngeren eocänen Vögel nähern sich mehr den lebenden Gruppen, und im Miocän und Pliocän ist dies immer mehr der Fall. Schließlich tritt die jetzige geographische Verbreitung der Vögel deutlich hervor. Im Diluvium findet sich eine Anzahl merkwürdiger Riesenformen, von denen manche erst in historischer Zeit und offenbar durch die Verfolgung von seiten des Menschen ausgestorben sind, so die flügellosen Dinornithiden oder Moas von Neuseeland, die zum Teil noch größeren Aepiornis-Arten von Madagaskar, die Dronte oder Dodo (Didus ineptus) von Mauritius, schließlich auch der Riesenalk (Alca impennis) von Nordeuropa.

Die Systematik bietet infolge des gleichmäßigen Baues aller Vögel besondere Schwierigkeiten. Linné unterschied sechs Ordnungen: Raubvögel, Raben, Schwimmvögel, Laufvögel, Hühner, Sperlingsvögel; Cuvier erweiterte die Raben zu der Ordnung der Klettervögel. Später hat fast jeder der zahlreichen Ornithologen ein eigenes System aufgestellt, doch entbehren die meisten Versuche der wissenschaftlichen Begründung. In den letzten Jahrzehnten sind die anatomischen Gesichtspunkte mit Recht mehr zu Ansehen gekommen; nach der Beschaffenheit des Skeletts unterscheidet man folgende Hauptgruppen.

  • Schwanz länger als der Körper: Saururae (»Eidechsenschwänzer«) oder Archaeornithes (»Urvögel«). Hierher Archaeopteryx (s. d.)
  • Schwanz kürzer als der Körper: Ornithurae (»Vogelschwänzer«) oder Neornithes (»Jungvögel«)
    • I. Brustbein ohne Kiel: Ratitae (»Floßvögel«) oder Straußvögel (s. d), früher als Unterabteilung der Laufvögel betrachtet, von anderen Forschern überhaupt nicht als sondere Gruppe anerkannt. Näheres s. Straußvögel.
    • II. Brustbein mit Kiel: Carinatae (»Kielvögel«). Die weitere Einteilung dieser Gruppe, welche die allermeisten Vögel umfasst, schwankt noch sehr; auch die unten verzeichneten neun Ordnungen werden, als im wesentlichen nur auf Grund der Lebensweise aufgestellt, neuerdings nicht mehr sämtlich als natürlich anerkannt, sind hier jedoch einstweilen noch beibehalten worden, da an ihre Stelle sonst eine überaus große Zahl kleinerer Gruppen (Unterordnungen) zu treten hätte, die noch dazu nicht alle gut begrenzt sind. Es sind (in beliebiger Reihenfolge ohne Rücksicht auf etwaige Verwandtschaft):
      • 1. Taubenvögel (Columbae). Schnabel schwach, weichhäutig; Flügel mittellang; Spaltfüße mit aufliegender Hinterzehe.
      • 2. Hühnervögel (Gallinae). Schnabel stark; Flügel kurz; Sitzfüße kräftig.
      • 3. Raubvögel (Repaces). Schnabel stark, gekrümmt, Oberschnabel hakig übergreifend; Sitzfüße mit starken Krallen.
      • 4. Watvögel (Grallae). Schnabel und Hals lang; Flügel mittellang; Watbeine.
      • 5. Schwimmvögel (Natatores). Schnabel und Beine kurz; Flügel sehr verschieden lang; Schwimm- oder Ruderfüße.
      • 6. Klettervögel (Scansores). Schnabel kräftig; Flügel kurz; Kletterfüße.
      • 7. Segler (Macrochires). Schnabel verschieden lang; Vorderarm und Hand viel länger als Oberarm; Füße schwach.
      • 8. Papageien (Psittaci). Schnabel stark, gekrümmt; Flügel lang; Kletterfüße.
      • 9.Sperlingsvögel (Passeres). Schnabel und Flügel verschieden lang; ersterer stets ohne Wachshaut; Wandel-, Schreit- oder Klammerfüße.

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

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Glossar zoologischer Fachbegriffe